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Lara Schick

Wutarbeit trägt Dich in die Wahrhaftigkeit

Aktualisiert: 1. Aug.


Bild zum Thema Wutarbeit

Die Arbeit mit Gefühlen ist ein grundlegendes Element in therapeutischen und spirituellen Prozessen. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Ansätze. Ich interessiere mich dafür, wie wir die unterschiedlichen Gefühlsfrequenzen im Körper erleben. In welchen energetischen, physiologischen Zustand bringt uns das eine oder andere Gefühl.


Oft wenden wir auf Gefühle die Kategorien Gut und Schlecht an. Diese Unterteilung hilft uns weder beim wirklich Hinfühlen und Annehmen, noch beim Erleben und Nutzen der unterschiedlichen Gefühlsenergien. Ein Gefühl ist erst mal ein Gefühl und zutiefst menschlich. Unsere individuell und kollektiv übernommen Annahmen und Glaubenssätze über die einzelne Gefühle tragen dazu bei, diese abzuwehren und ihr Schatz bleibt vor uns verborgen.


Unterdrückte Wut ist selbstzerstörerisch und destruktiv


Bevor sich Menschen trauen, ihre Gefühle wieder zu fühlen, ist es wichtig, sich den erfahrbaren und ursprünglichen Qualitäten von Gefühlen bewusst zu werden und die oftmals übernommen und tief verkörperten (Vor-)Urteile zu erkennen. 


Das Gefühl Wut wird beispielsweise häufig mit Zerstörung, Gewalt und Bedrohung assoziiert. Und ja, so ist sie uns oft als Kind begegnet, wenn früher die Erwachsenen in unserem Umfeld unverantwortlich mit Wutenergie umgegangen sind. Dabei ist zu bedenken, dass so wie wir Wut kennengelernt haben, sie bereits unterdrückt ist und somit nur in ihrer destruktiven Form erscheint. Bereits als Kind lernen die meisten von uns: mit Wut bin ich nicht willkommen. Auf dem Weg zum eigenen Erwachsensein fehlen Initiationsprozesse und konkrete Angebote zur Wutarbeit, um einen gesunden und verantwortlichen Umgang mit Aggressionen zu ermöglichen. Im späteren Erwachsenenleben neigen wir dazu, ebenso wie unsere Eltern und andere Bezugspersonen, Wut zu unterdrücken. Wir richten sie, in unterschiedlichen Formen, gegen uns selbst. Angefangen von Perfektionismus und Selbstverurteilung bis hin zu physischen Krankheiten. Oder/und wir explodieren regelmäßig auf eine toxische Weise und verurteilen uns dann, weil wir so nie sein wollten.


Wut und Grenzen


Das Thema Wut ist so eng mit dem Thema Grenzen verbunden, ein Dauerbrenner in jeglichen Beziehungen. Sowohl, wenn wir selbst unsere Grenzen missachten und zum Beispiel „Ja“ sagen, obwohl wir etwas nicht möchten oder es uns zu viel ist, kann das Wut auslösen, als auch die Grenzüberschreitung anderer. Wutarbeit macht uns das Gefühl wieder als unmittelbare Informationsquelle für die eigenen Bedürfnisse und Kompass für Grenzsetzung zugänglich und bringt uns näher an die eigene Wahrhaftigkeit.

Für Wutarbeit ist es zunächst wichtig, eine neue und erfahrbare Landkarte zu zeichnen. In der unmittelbaren, körperlichen Erfahrung von Wut wird meist sehr schnell deutlich, wie viel dieses Gefühl mit der eigenen Präsenz und Wahrhaftigkeit zu tun hat. Wenn Wutkraft körperlich sichtbar wird, expandiert der Mensch, er nimmt sich mehr Raum, die Bewegungen sind klar und konkret, die Wahrnehmung der eigenen Grenzen nimmt zu. Er ist umhüllt vom Glanz des Vertrauens in die eigene Kraft. Sicherheit ist keine mentale Angelegenheit mehr und wird physisch und emotional erlebbar. Die Erlaubnis selbstbewusst für Dich einzustehen ist keine kognitive Entscheidung. Konkrete physiologische Wutarbeit kann Dich unmittelbar zu der verkörperten Wahrheit von mehr Selbstliebe führen und die Qualität von Klarheit in Dein Leben bringen.

Ein Widerspruch? Es lohnt sich, in einem sicheren (therapeutischen) Kontext selbst zu entdecken, wie Wutenergie Dich und Dein Leben auf- und ausrichtet, wenn Du nicht mehr Deine ganze Kraft benötigst, um sie zu unterdrücken.


Ein Beispiel zur Wutarbeit aus dem Klinikalltag. Ein Gruppe von Menschen mit der offiziellen Diagnose Depression findet sich zusammen, um in der Körper- und Bewegungstherapie Wut zu erforschen oder einfach nur weil das in ihrem therapeutischen Stundenplan steht. Mit spielerischen Impulsen und klarer Anleitung zur Wutarbeit öffnen sich die Menschen dieser Kraft bzw. lassen ihr Raum. Wutenergie beginnt im Innen zu fließen und darf in diesem geschützten Raum in den körperlichen und stimmlichen Ausdruck kommen, ohne gegen jemanden gerichtet zu sein.

Es dauert nicht lange und der Raum ist voll mit roten Gesichtern, hörbarem tiefem Atmen und pulsierender Lebendigkeit - der graue Schleier gelichtet und die Augen leuchtend. Eine Frau voller Glück zu ihrem Übungspartner und der Gruppe: „Danke, dass ich im Kontakt mit Dir spüren konnte, wie viel Power in mir ist. Ich weiß gar nicht, wo meine Erschöpfung hin ist und das Beste ist, ich wurde von allen für meine Wutkraft gefeiert.“


Essenzielle Unterscheidungen in der Wutarbeit


In ihrer Ursprünglichkeit ist Wutenergie FÜR und nicht GEGEN. Sie ist nicht gegen Jemanden oder Etwas gerichtet. Diese Kraft ist für Dich – Deinen Raum – Deine Grenzen – Du brauchst sie, um mutig Deine Bedürfnisse zu äußern - jenseits einer versteckten, drohende Forderung. Dies kann eine wirklich wertvolle und Frieden bringende Unterscheidung sein.


Weiter geht es im Leben und im therapeutischen Kontext nicht darum, kathartisch die Wut auszuagieren, sondern viel mehr darum, diese Energie nicht mehr zu unterdrücken und wieder sensibel dafür zu werden. Wenn wir durch Wutarbeit bereits die ersten Anzeichen von Aggression wieder spüren, können wir frühzeitig klaren Grenzen setzen, unsere Bedürfnisse kommunizieren und kraftvolle authentische Entscheidungen treffen. Ansonsten bekommen wir erst bei 90% Wut mit, dass etwas nicht passt und eskalieren völlig. Lasst uns wieder sensibel und feinfühlig werden und uns von der Frequenz von Wut in die eigene Wahrhaftigkeit tragen.


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